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Bunker

Wer meine Geschichten schon eine Weile lang verfolgt, weiß, dass Bunker mich faszinieren. Ich kann gar nicht genau sagen, warum. Vermutlich ist es eine Mischung aus ihrem morbiden Verwendungszweck und ihrer schroffen Architektur. Und ich kann mich glücklich schätzen, mitten in Europa zu wohnen. Ich denke, in keinem Erdteil gibt es mehr Bunker als hier. Denn die Menschen der Länder auf unserem Kontinent haben in den letzten beiden Jahrhunderten munter Krieg gegeneinander geführt und sich gegenseitig zum Hochrüsten angestachelt.

Was ein Bunker überhaupt ist

Ein Bunker ist, mal ganz einfach gesagt, ein Bauwerk, das irgendwas schützen soll. Und zwar vor einer Verletzung vornehmlich durch Waffen. Insbesondere durch schwere Waffen wie Bomben oder Granaten. Darüber hinaus soll ein moderner Bunker auch noch vor Gefahrstoffen wie Giftgas oder radioaktiver Strahlung schützen. Geschützt werden sollen vor allem Menschen, manchmal auch Gegenstände wie zum Beispiel Flugzeuge oder U-Boote.

Mithilfe von militärischen Bunkern werden militärische Anlagen befestigt. Auch die Kommandierenden von Streitkräften werden häufig in Bunkern untergebracht, um sie vor einem feindlichen Angriff zu schützen. Zivile Bunker dagegen dienen dem Schutz der Menschen während kriegerischer Auseinandersetzungen. So sind zum Beispiel im U-Bahn-System von Berlin riesige Bunker verborgen gewesen, in welche die Bewohner der deutschen Hauptstadt bei einem Luftangriff hätten fliehen können.

Der moderne Begriff des Bunkers geht in etwa auf die Zeit des ersten Weltkriegs zurück. Denn ungefähr seit damals wurden von Menschen gerne mal schwere Waffen eingesetzt, die eine Konstruktion von Bunkern überhaupt erst notwendig machten. Darüber hinaus kam es in dieser Zeit zu den ersten Angriffen aus der Luft. Außerdem wird seit dieser Zeit das Material verwendet, das im Bunkerbau traditionell zum Einsatz kommt: der Stahlbeton. Vor dem 20. Jahrhundert waren Verteidigungsanlagen eher aus Holz und Steinen konstruiert. Deshalb kann man sie nicht spezifisch dem Begriff Bunker zuordnen. Die Mauern dieser Schutzanlagen waren oft viele Meter dick. Indem man als Material Stahlbeton verwendete, konnte man die Dicke der Mauern stark reduzieren.

Bauweise

Moderne Bunker sind meist aus Stahlbeton erbaut. Das ist ein künstlicher Baustoff. Genauer ein Verbundwerkstoff aus den beiden Komponenten Beton und Stahl. Stahlbeton ist äußerst widerstandsfähig und hält extreme Belastungen aus. Zudem ist er feuerresistent. Im Rahmen einer Führung durch einen Bunker in Berlin erfahre ich, dass es enorm aufwendig ist, auch nur einfache Löcher in die Wand eines aus Stahlbeton konstruierten Bauwerks zu machen. Auch beim Versuch der Beseitigung von Bunkern muss in der Regel mit einem ungeheuren Aufwand gerechnet werden. Das kann man in Deutschland an vielen Stellen beobachten, wenn man sich die Reste von gesprengten Bunkern anschaut.

Für militärische Belange wird ja (im Gegensatz zu Bildung und Sozialsystemen) bekanntermaßen jede Menge Geld zur Forschung und Entwicklung ausgegeben. Und so wurde die Kontruktionsweise von Bunkern nach und nach immer weiter verbessert. Viele Bunker sind so haltbar, dass alle möglichen Versuche, sie zu entfernen, zum Scheitern verurteilt waren. So stehen auch heute noch haufenweise Bunker aus dem zweiten Weltkrieg in den deutschen Städten herum.

Häufig werden Bunker getarnt, sodass sie für einen eventuellen Feind nicht als solche zu erkennen sind. Typische Tarnungen sind dabei die folgenden:

  • Tarnung als Wohnhaus
  • Tarnung als landwirtschaftliches Gebäude
  • Tarnung durch Eingraben
  • Tarnung in Felswänden
  • Tarnung durch Bewuchs

Welche unterschiedlichen Bunker-Arten es gibt

Da es für Bunker zahlreiche unterschiedliche Einsatzgebiete gibt, unterscheidet sich auch ihre Gestalt von Einzelstück zu Einzelstück sehr. Typisch sind dabei in etwa die folgenden Varianten.

Einmannbunker

Einmannbunker nennt man auch Splitterschutzzellen (ich liebe solche deutschen Wörter). Sie wurden vor allem im nationalsozialistischen deutschen Reich gebaut (Nazis sind Versager). Sie sollten einen einzelnen Schützen vor leichtem Beschuss und herumfliegenden Splittern schützen. Ihre Zahl wird auf mehrere Zehntausend geschätzt, die meisten davon existieren nicht mehr.

Pillbox-Bunker

Nicht viel größer als ein Einmannbunker ist ein sogenannter Pillbox-Bunker. Seine Entwicklung geht auf den ersten Weltkrieg zurück. Auf wenigen Quadratmetern Grundfläche sind Pillbox-Bunker meist auf allen Seiten mit Schießscharten ausgerüstet und bieten ein paar wenigen Fußsoldaten Platz. Eine große Zahl dieser Konstruktionen hat man zu Beginn des zweiten Weltkriegs als Vorbereitung zu einer möglichen deutschen Invasion in Großbritannien errichtet.

Viele der Bunker Albaniens sind im Prinzip auch von Pillbox-Bauart. Die von Nazideutschland verwendeten Anlagen sind im Grunde auch ähnlich. Man bezeichnet sie als Ringstand.

Atombunker

Die Entwicklung von Atomschutzbunkern war dem Aufkommen von nuklearen Waffen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschuldet. Diese Anlagen mussten nun nicht mehr nur enormen Druckwellen standhalten können, sondern ihre Insassen auch noch vor nuklearer Strahlung schützen. Eine weitere Anforderung an ihre Konstruktion ist, dass ihr Inneres für einen längeren Aufenthalt der Insassen ausgelegt sein muss. Denn nach einem nuklearen Angriff kann man nicht einfach wieder direkt aus dem Schutzraum hinausmarschieren. Man muss den nuklearen Fallout abwarten.

Deshalb enthalten Atombunker häufig eine groß angelegte Infrastruktur. Insassen können sich dadurch eine längere Zeit autark in ihrem Inneren versorgen.

Luftschutzbunker

Luftschutzbunker sollen Menschen vor Luftangriffen schützen. Hierbei kamen historisch mehrere verschiedene Bauweisen zum Einsatz. Breite Verwendung fanden sie im zweiten Weltkrieg. Auffällige Konstruktionen sind zum Beispiel die Flaktürme in deutschen Großstädten, heute noch gut in Hamburg zu sehen. Außerdem die Winkeltürme, eine patentierte Spezialform von Hochbunkern, an denen Bomben abgleiten sollten, um nicht zu explodieren.

Flugzeug- und U-Boot-Bunker

Flugzeug- und U-Boot-Bunker dienen, wie der Name schon verrät, zum Schutz von Flugzeugen und U-Booten. Diese Form von Anlage war besonders im zweiten Weltkrieg und während des kalten Krieges von Bedeutung.

Gut sichtbar von der Küstenstraße aus ist zum Beispiel die Einfahrt zum U-Boot-Bunker Porto Palermo an der Albanischen Riviera. Der Bunker ist mehr als 600 Meter lang.

U-Boot-Bunker bei Porto Palermo

Wo sie sich befinden

Bunker befinden sich entweder in umkämpften oder einst umkämpften Gebieten oder aber in Gebieten, in denen jemand Angst davor hatte oder hat, dass sie umkämpft werden könnten. Beispiele für Länder, die tatsächlich umkämpft waren und in denen deshalb Bunker gebaut wurden: Deutschland und Frankreich. Beispiele für Länder, die vorsorglich mit Bunkern ausgerüstet wurden, die aber niemals zum Einsatz kamen: Albanien und die Schweiz.

Auf dem Gebiet Nazideutschlands

Auf dem Gebiet des deutschen Reichs während der nationalsozialistischen Zeit befinden sich auch heute noch zahlreiche Bunkeranlagen. Teilweise waren die Anlagen auch wirklich umkämpft, wie zum Beispiel die Konstruktionen in der Normandie als Teil von Hitlers Atlantikwall. Andere Anlagen dienten der sicheren Unterbringung der Führungselite. Dazu zählen zum Beispiel die Bunker bei Wünsdorf und die Bunker am Obersalzberg in den bayerischen Alpen.

Teilweise hat man erfolglos versucht, die Anlagen zu entfernen. Zum Beispiel bei der Bunkersiedlung Maybach I, die Teil der Bunkerstadt Wünsdorf ist.

Bunkerstadt Wünsdorf

Schweiz

Traditionell erscheint das Sicherheitsbedürfnis des kleinen Landes in der Mitte Europas als groß. So ist die Idee einer Alpenfestung zwar schon älter als die Bedrohung durch Nazideutschland. Jedoch bekam sie durch diese eine neue Realität. Das führte zum Ausbau eines enormen Festungssystems in den Bergen, zu dem eine große Zahl an Bunkern gehört, dem sogenannten Réduit.

Auch die Grenzen der Schweiz in Richtung Deutschlands sind gut befestigt. So zum Beispiel in der Bodenseeregion durch den Festungsgürtel Kreuzlingen.

Bunker zwischen Deutschland und der Schweiz

Heute argumentiert man in der Schweiz weiterhin, dass die Bedrohungslage durch Atomwaffen und Atomunfälle groß ist und der Schutz der Bevölkerung durch entsprechende Anlagen wichtig ist.

Albaniens wilde Sammlung

Albanien war sozusagen Europas Nordkorea. In der Zeit zwischen 1972 und 1984 hat das kommunistische Regime rund 200.000 Bunker in die wilde Landschaft des kleinen Landes bauen lassen. Enver Hoxha wollte sich so vor einer feindlichen Invasion schützen. Die meisten dieser Bauwerke waren für ein bis vier Personen gedacht. Ihre Form ist größtenteils rund. Da auch sie in ihrer Konstruktion sehr beständig sind, prägen sie vielerorts in Albanien das Bild der Landschaft.

Bunker in Albanien

Berühmte Bunkeranlagen

Einige Bunkeranlagen sind aufgrund ihrer Geschichte oder wegen ihrer derzeitigen Verwendung bekannt. Im Folgenden eine kleine Auswahl.

Der Führerbunker

Im sogenannten Führerbunker nahm sich Adolf Hitler am 30. April 1945 das Leben. Ab etwa Februar 1945 hatte Hitler zuvor bereits vollständig in den befestigten Räumen gelebt. Auch seine engsten Vertrauten agierten von dort aus.

Führerhauptquartiere

Als Führerhauptquartier werden 21 Standorte bezeichnet, von denen aus Hitler während des zweiten Weltkriegs befehlen konnte. Das bekannteste Führerhauptquartier ist die Wolfsschanze in der Nähe von Kętrzyn in Polen. Das Führerhauptquartier Wolfsschanze war Teil eines Bunkersystems. Heute kann man es besichtigen. Was viele in der Region gar nicht wissen: Auch nahe der Schwarzwaldhochstraße befindet sich ein Führerhauptquartier.

Hitlers Atlantikwall

Der Atlantikwall war eine Verteidigungsanlage des nationalsozialistischen deutschen Reichs. Auf fast 3.000 Kilometern Länge wurde die Küste des Atlantiks befestigt. Von Südfrankreich bis Norwegen. Heute sind noch viele Bunker des Festungsgürtels zu finden. Sie stehen in den Dünen, versinken langsam im Sand, werden von Künstlern mit bunten Kunstwerken besprayt oder zu Museums- und Dokumentationszwecken eingesetzt.

Eine besonders eindrucksvolle Anlage ist die Festung Pointe du Hoc in der Normandie, nicht weit von Omaha Beach. Außerdem findet man an der französischen Opalküste viele Spuren des Atlantikwalls.

Der Flakturm IV in Hamburg St. Pauli

1.000 Zwangsarbeiter erbauten im Jahr 1942 den Flakturm IV in 300 Tagen. Er ist einer der größten Bunker der Welt mit einer Grundfläche von 75 mal 75 Metern und einer Höhe von 38 Metern.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Turm zum Wohnen genutzt, später – während des kalten Krieges – wieder als Bunker. Seit 1990 ist er in Privatbesitz und beherbergt unter anderem den Nachtclub Uebel & Gefährlich.

Die Bunkerstadt Wünsdorf

Die Bunkerstadt Wünsdorf ist eine der bedeutendsten Bunkeranlagen des nationalsozialistischen Deutschlands. Von hier aus organisierte die deutsche Wehrmacht große Teile ihrer Streitkräfte. Mitten im Wald lassen sich hier heute die Bunker Zeppelin und Maybach im Rahmen einer geführten Tour besichtigen.

In diesem Artikel kannst du mehr darüber erfahren: Artikel über Wünsdorf

Interessante Nutzungskonzepte

Da Bunkeranlagen eine so besondere Ausstrahlung haben und so stabil gebaut sind, bieten sie sich natürlich für eine zivile Nutzung an, wenn ihre eigentlichen Missionen erfüllt oder abgebrochen wurden. Im Folgenden finden sich ein paar Beispiele.

Die Sammlung Boros in Berlin

Wie ein Bunker wirklich interessant verwendet werden kann, zeigt der umgebaute Reichsbahnbunker Friedrichstraße in Berlin. Das Gebäude wurde 1941 vom Nazi Albert Speer entworfen und im Jahr darauf von Zwangsarbeitern erbaut. Nach dem zweiten Weltkrieg hat man den Bunker auf verschiedene Arten genutzt. Unter anderem als Gefängnis und Lager für Südfrüchte, wodurch er den Spitznamen Bananenbunker bekam. Später wurde das Gebäude zum Techno-Club, in dem legendäre Parties stattfanden.

Heute ist in dem Bunker, der in der Berliner Reinhardtstraße liegt, die Sammlung Boros zuhause. Der Sammler Christian Boros hat sich auf das Dach ein Penthouse bauen lassen und zeigt nun in den dicken Mauern aus Stahlbeton seine gesammelten Werke. Bei einer Führung durch den Bunker kannst du einiges über das Bauwerk erfahren.

Link zur Webseite der Sammlung: www.sammlung-boros.de

Die Bunker Albaniens

Gerade in Albanien, wo die Bunker so zahlreich sind, begegnest du natürlich häufig interessanten Nutzungskonzepten. So verwenden die Albaner ihre Bunker unter anderem als Restaurants, Ställe oder als Räume für Kunst und Museen.

In der albanischen Hauptstadt Tirana befindet sich in einem Bunker die Ausstellung Bunk’Art. In ihr kannst du viel über die kommunistische Diktatur unter Enver Hoxha erfahren.

Link zu Bunk’Art in Tirana: bunkart.al

Private Bunker

Mit dem Bedürfnis nach Sicherheit steigt auch die Nachfrage an privaten Bunkern. Die Frage nach der Notwendigkeit solcher Bunker sei mal dahingestellt. Sicher ist es richtig, dass die weltpolitische Lage undurchsichtig und unberechenbar ist. Zusätzlich besteht natürlich auch immer die Gefahr von Naturkatastrophen oder Meteoriteneinschlägen, bei denen ein Bunker eventuell auch von Vorteil sein kann.

Die Firma Bunker Schutzraum Systeme Deutschland, kurz BSSD, hat sich auf den Bau von privaten Bunkern spezialisiert. Außer Bunkern können auch Panikräume, Panzergaragen oder Schießstände in Auftrag gegeben werden. Im Katalog von BSSD beginnen die Preise für einen 10-Quadratmeter-Bunker bei rund 50.000 Euro.

Auf der Webseite von BSSD kannst du dir selbst ein Bild davon machen, du findest sie hier.

Einen Bericht über eine große private Bunkeranlage in Bayern findest du zum Beispiel hier.

Literatur- und Filmtipps

Ein ganzes Buch, das sich mit Bunkern in Europa beschäftigt, ist Faszination Bunker von Martin Kaule.

Ein großartiger Film, der in einem Bunker spielt, ist der Film Der Bunker von Nikias Chryssos. Sehr empfehlenswert!

Aktuelles zu Bunkern

Im Jahre 2019 hat die deutsche Polizei einen spektakulären Schlag gegen das organisierte Verbrechen gelandet. Zentrale Rolle in den Ermittlungen spielt ein Bunker. Im sogenannten Cyberbunker wurde ein Rechenzentrum betrieben, das im dringenden Verdacht steht, mit Internetverbrechen aller Art zu tun zu haben, zum Beispiel mit Hackerangriffen, Kinderpornographie und Mordaufträgen.

Der Cyberbunker war ursprünglich der Bunker des Amtes für Geophysik in der Kaserne Mont Royal in Traben-Trarbach in Rheinland-Pfalz. Bei dem Bunker handelt es sich um ein fünfstöckiges Gebäude unterhalb der Erde mit mehr als 5.000 Quadratmetern.

Wenn du mehr über den Cyberbunker, die Ermittlungen und den Prozess erfahren willst, kann ich dir die folgende Seite empfehlen: www.golem.de/news/cyberbunker-prozess-richter-fordert-mehr-beweise-von-ermittlern-2011-152472.html