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Fier

Fier liegt im Westen von Albanien und hat etwas mehr als 55.000 Einwohner. Die Küste des Mittelmeers ist knapp 20 Kilometer von Fier entfernt. Tirana liegt 100 Kilometer weiter nördlich. Die Stadt war und ist ein wichtiger Standort für die albanische Industrie. Viele der alten Anlagen sind heute jedoch verlassen und verwahrlost. So auch das alte Öl-Kraftwerk Fier-TEC, dessen Ruinen heute langsam vor sich hin verrotten.

Der Weg nach Fier

Ich erreiche Fier nach wenigen Stunden Fahrt von Rubik aus kommend. Schwer hängt der Beton der Kühltürme am Himmel über der südlichen Stadt. War das Zentrum von Fier wie so oft in Albanien noch bunt und mit fröhlichem Treiben belebt, so ist hier draußen die Stille zäh und dick vom alles durchdringenden Geruch nach Öl. Ab und zu donnert ein tonnenschwerer Öltankwagen an mir vorbei über die Straße, an deren Rand ich meinen Wagen parke. Kurz, bevor sie am Tor von Fier-TEC endet.

Die Ausmaße der Anlage des alten Kraftwerks sind enorm. Erst bin ich minutenlang an der bröckelnden Kraftwerksmauer entlanggefahren. Und was noch vor mir liegt, ist von hier aus nicht überschaubar. Vor mir wachsen drei Kühltürme in das Grau des Himmels, weiter links sehe ich einen weiteren. Irgendwo weiter hinten sind noch mindestens drei mehr zu sehen.

Teile der Anlage – so kommt es mir vor – befinden sich noch in Betrieb. Nicht mehr als Kraftwerk, aber als etwas anderes. Jedenfalls werden einige der stark renovierungsbedürftigen Gebäude für irgendetwas verwendet. Alles hinter der alten Mauer ist verwaist und nichts rührt sich scheinbar. Am Ende der Straße, links vom Tor, befindet sich das, was wohl einst die Kantine des Kraftwerks von Fier war.

Tatsächlich schrubbt gerade eine Frau den Boden um die paar wenigen Tische, an einem von ihnen sitzt ein Zeitung lesender Mann mit einer Zigarette im Mund. Ich entscheide mich, den legalen Weg zu gehen und frage die Dame einfach per Handzeichensprache, ob ich das Gelände betreten darf, um ein paar Fotos zu machen. Grimmig sagt sie erst nein und kurz darauf dann doch, in Ordnung. Also betrete ich durch den Hinterausgang der Kantine das Gelände des Kraftwerks. Sogleich bin ich froh, gefragt zu haben, denn hinter dem Wachhäuschen taucht auf einmal ein Wachmann in Uniform auf. Er nickt mir nur freundlich zu.

Besichtigung der Anlage

Und als ich die ersten Schritte nach draußen mache, weiß ich sofort, dass mich das hier überwältigen wird. Ich habe verlassene Gebäude und Orte in Bulgarien, Serbien, Rumänien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Deutschland und Albanien besucht. Das hier in Albanien ist mit Abstand das größte. Erst besichtige ich die vordersten drei Kühltürme, die hinter zerzausten Palmen stehen, dann betrete ich die Haupthalle des ehemaligen Kraftwerks von Fier. Die Halle ist düster und riesig.

Fier von außen
Das Kraftwerk von Fier von außen
Die Halle von Fier
Die Halle von Fier

Auf einmal werde ich das Gefühl nicht mehr los, dass ich nicht alleine bin. Dann fällt im finsteren Gang hinter einer rostigen, schief in Angeln hängenden Stahltür etwas zu Boden. Ich halte inne, warte darauf, dass jemand aus dem Schwarz heraustritt. Vermutlich wohnen in den weitläufigen Räumen viele Obdachlose. Obwohl ich mir gar nicht sicher bin, ob es in diesem Teil von Albanien viele gibt. An manchen Stellen sind aber ihre Spuren zu finden. Leere Konserven, gammlige Matratzen. Doch es kommt niemand, ich gehe weiter. Als ich die Halle verlasse, höre ich hinter mir Schritte. Wieder verharre ich ein paar Minuten, wieder sehe ich nichts.

Später höre ich Heulen und Bellen aus den Mäulern vieler Hunde. Sie scheinen irgendwo auf dem Gelände herumzurennen. Ich möchte ihnen hier nicht einsam und alleine begegnen. Bestimmt sind sie hungrig. Auch wenn ich an anderen Stellen in Albanien eher gute Erfahrungen mit wilden Hunden gemacht habe. Als ich das Gelände wieder durch die Kantine verlasse, ist niemand mehr da. Der Putzeimer steht in einer Ecke. Der Boden ist sauber. Ein ausgerauchter Zigarettenstummel raucht in einem der Aschenbecher noch etwas vor sich hin.

Rohre in Fier
Rohre in Fier
Schornstein in Fier
Schornstein in Fier
Technologie im Innern von Fier
Technologie im Innern von Fier
Das Kraftwerk von Fier
Das Kraftwerk von Fier, eine Ruine
Ruinen in Fier
Das Kraftwerk und die Ruinen von Fier sind riesig
Das Innere des Kraftwerks von Fier
Das Innere des Kraftwerks von Fier

Das verlassene Kraftwerk

Das verlassene Öl-Kraftwerk von Fier in Albanien ist eigentlich nicht zu verfehlen. Etwas südlich vom Zentrum von Fier liegt es ungefähr hier. Die Straße zum Kraftwerk geht etwa zwei Kilometer außerhalb des Zentrums an einer Gulf-Tankstelle links ab von der Straße Richtung Vlora. Von der Abzweigung aus ist es nochmal etwa einen Kilometer.

Ich weiß, es ist nicht ganz konform mit dem Kodex von Urban Explorern, den genauen Standort eines Lost Place zu verraten. Aber hier im albanischen Fier kann man denke ich eine Ausnahme machen. Denn jeder, der Fier betritt, wird das Kraftwerk schon von weitem sehen. Die Türme sind hoch und das Gelände hat einen gigantischen Umfang.

Das Kraftwerk von Fier war einmal das größte Heizkraftwerk Albaniens, befeuert mit Öl. Außerdem befindet sich weiter nördlich auf dem Gelände eine ehemalige Düngemittelfabrik. In der Region um Fier wird seit Anfang des 20. Jahrhunderts Erdöl gefördert. Bei einer Fahrt durch die Landschaft sind vielerorts die langsam vor sich hin wiegenden Erdölpumpen zu sehen, an vielen Stellen hängt ein massiver Ölgeruch in der Luft. Bisher dachte ich, so etwas gibt es nur im Wilden Westen.

In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts erbaut, wurde das Kraftwerk von Fier im Jahre 2007 aufgegeben. Grund dafür waren schwere Umweltverschmutzungen und veraltete Technologien. 2008 hat die albanische Regierung das aufgegebene Kraftwerk für den symbolischen Wert von 1 € an einen Zusammenschluss mehrerer griechischer Unternehmen verkauft.

Eigentlich sollte 2009 mit neuer, sauberer Produktion von Energie begonnen werden. Aber danach sieht es 2016 absolut gar nicht aus. Vielmehr scheint es, als werden die letzten Werte aus den toten Gemäuern nach und nach weggeplündert.

Die Stadt Fier in Albanien

Eine traurige Geschichte aus der Nähe von Fier ist die Geschichte des Zoos Safari Park. Weil es an Besuchern und Geld mangelte, waren die Tiere der Einrichtung bis vor kurzem in einer furchtbaren Lage. Sie konnten vorübergehend gerettet werden, vier-pfoten.de berichtet darüber.

Nicht weit von Fier befindet sich an der Küste die Lagune Karavasta. Wie vieles in Albanien ist die Lagune touristisch nicht besonders erschlossen, ein Glück für die Vögel, die dort zumindest heute noch einen intakten Lebensraum vorfinden. Also: nicht hinfahren!

Schau dir stattdessen zum Beispiel das Kloster Ardenica an oder die Ausgrabungen der antiken Stadt Apollonia. Beides liegt nicht weit von Fier entfernt.

Weitere Informationen

Für eine Reise durch Albanien bietet sich der Reiseführer Albanien vom Trescher-Verlag an, ein rundum gelungener Reiseführer. Die aktuelle Auflage ist aus dem Jahr 2020 und damit sehr aktuell.

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Wer mehr über das Kraftwerk von Fier erfahren möchte, für den vielleicht die folgende Webseite interessant: guyshachar.com. Die Sprache ist Englisch und es sind einige interessante Fotos, Videos und Gedankenspiele zu Fier zu finden. Wenn man weiteren Links folgt, findet man sogar eine Ansicht des Kraftwerks von Fier in einer Zeit, in der es Albanien noch mit Energie versorgte.

Eine andere Webseite, die tolle Fotos und noch weitere Informationen zu Fier hat, ist die folgende: oneman-onemap.com

Einige weitere interessante verlassene Orte findest du in meinem Artikel Lost Place.

Fier-TEC 1966
Fier-TEC 1966
Düsteres Fier-TEC
Außenansicht des Kraftwerks von Fier