Die Pointe du Hoc ist eine Landspitze an der Küste der Normandie. Sie liegt östlich der Halbinsel Cotentin zwischen den Städten Carentan und Bayeaux am Atlantik. Steil fallen die Klippen hier ins wilde Meer hinab. Und die Überreste einer düsteren Festung aus Stahlbeton erinnern daran, dass die Pointe du Hoc eine der Schlüsselstellen der Landung der Alliierten in der Normandie war. Ein finsterer, ein geschichtsträchtiger Ort. Unter anderem hier bei der Pointe du Hoc begannen die Alliierten am D-Day im Rahmen der militärischen Operation Overlord, den europäischen Kontinent von den Nazis zurückzuerobern.
Inhaltsverzeichnis
Wilde Küste, Sturm und Nebel
Als ich das Auto verlasse, schlägt mir kühler feuchter Sturm ins Gesicht. Frühling in der Normandie, so mag ich ihn. Auf ordentlich angelegten Pfaden geht es zum Dokumentationszentrum von Pointe du Hoc. Ich verzichte auf die Details. Hab das alles so oder so ähnlich schon hundert mal gelesen. An der Sicherheitskontrolle am Eingang wird mir gesagt, im Inneren werde nur ein Film gezeigt. Vermutlich sprühend vor Patriotismus und Militärnostalgie.
Männer, die im Kampf für eine gerechte, eine ordentliche Sache gefallen sind. Helden, die die Welt vom Naziterror befreit haben. Vielleicht einer der wenigen Kriege, die wirklich gerechtfertigt waren. Ich schaue mir die Informationstafeln an. Knapp und übersichtlich sind die Dinge dargestellt, die hier an der Pointe du Hoc passiert sind. Eine Geschichte von Tod und Zerstörung. Eine nüchterne Bilanz.
Anschließend führt der Weg nach vorne an die Klippen. Die Küste der Normandie besteht hier aus etwa 30 Meter hohen Felswänden. Grüne Wiesen bis zum Angrund, tosendes Meer zu ihren Füßen. Eine vom Wetter und vom Wasser gezeichnete Landschaft. Mystische Stimmung im Nebel. Die Wiese ist übersät von Bombenkratern. Unvorstellbar, mit welcher Macht der Krieg hier getobt hat.
Bunker, Bombenkrater und ein Monument
Das Gelände bei der Pointe du Hoc umfasst neben den zahllosen Bombenkratern mehrere teils unterirdische Bunker und ein Monument am Rande der Klippen. Dort steht auch der größte und imposanteste Bunker, der sogenannte Feuerleitstand. Einige der Bunker, die sich auf der Pointe du Hoc befinden, kann man betreten. In den dunklen Innenräumen orientiert man sich am besten mithilfe einer Taschenlampe.
Das Gedränge in den engen Gängen wird zügig unangenehm. Wie so oft lässt sich auch an solchen Stellen beobachten, wie schnell Menschen zu Bestien werden können. Wer darf zuerst die schmale Treppe hinauf und hinunter? Schade, gerade an einem Ort, der an die Schrecken des Krieges erinnert, sollten Touristen sich doch ein bisschen besser zurückhalten können.
In einigen der Ruinen kann man noch die Befestigungen der schweren Geschütze sehen. Besonders im größten Bunker, dem erwähnten Feuerleitstand, kann man ein Gefühl dafür bekommen, wie sich ein Soldat gefühlt haben könnte. Was wohl die Gedanken sind, während man darauf wartet, von den Angreifern erschossen zu werden? Ich bin froh, dass ich hier und jetzt lebe. Dass ich keine Fahnenflucht ergreifen muss und dafür hingerichtet werde.
Die Geschichte der Pointe du Hoc
In der Festung Pointe du Hoc waren mehrere deutsche Artilleriegeschütze stationiert. Diese hatten eine Reichweite bis zu den zur Landung der Alliierten vorgesehenen Strandabschnitten Utah Beach und Omaha Beach. Plan war also, die Stellung im Voraus auszuschalten.
Dazu wurde das Gelände der Pointe du Hoc zunächst bombardiert. Am frühen Morgen des 06. Juni 1944, auch bekannt unter dem Namen D-Day, landeten 225 Soldaten der US-Armee unterhalb der Klippen von Pointe du Hoc. Diese sogenannten Ranger erklommen mit Seilen und Enterhaken die Felsen und lieferten sich blutige Kämpfe mit den deutschen Verteidigern. Erst zwei Tage später hatten die Alliierten die Pointe du Hoc unter ihrer Kontrolle. Von den 225 Männern waren noch 90 einsatzbereit, viele waren tot. Die schweren Geschütze waren schon im April 1944 von den Deutschen in Sicherheit gebracht worden. An der Pointe du Hoc befanden sich nur noch Attrappen.
Der Angriff auf die Pointe du Hoc war der Anfang des D-Days. Im Laufe des Tages landeten die Alliierten an mehreren Stränden der Normandie. Sie tragen die Namen Omaha Beach, Utah Beach, Gold Beach, Sword Beach und Juno Beach. Die Strandabschnitte waren Schauplatz tagelanger Kämpfe mit zigtausend Toten auf beiden Seiten.
Inzwischen hat Frankreich das Gelände der Pointe du Hoc an die USA übergeben. Das American Battle Monuments Commission (ABMC) kümmert sich um den Erhalt und die Dokumentation der Gedenkstätte Pointe du Hoc. Da die Klippen der Küste bei Pointe du Hoc der Erosion zu Opfer fallen, wurden die Anlagen bis 2010 mit Beton und Stützstäben stabilisiert.
In der Umgebung der Pointe du Hoc
In der Umgebung der Pointe du Hoc gibt es zahlreiche weitere Ziele. Vor allem auch für diejenigen, die sich für die Geschichte des zweiten Weltkriegs und der Landung der Alliierten in der Normandie interessieren. Omaha Beach und Utah Beach sind nur wenige Kilometer entfernt. An beiden Stränden befinden sich Gedenkstätten und Museen zum Thema.
In der Nähe von Omaha Beach befindet sich auch der amerikanische Soldatenfriedhof. Sein weißes Kreuzmeer ist übrigens auch im Film Saving Private Ryan (deutsch: Der Soldat James Ryan) zu sehen. Beim Friedhof befindet sich ein weiteres Museum. Überhaupt: In der ganzen Gegend gibt es zahlreiche Museen, die die Landung der Alliierten in der Normandie zum Thema haben.
Mich selbst interessiert es allerdings mehr, die Schauplätze wie die Pointe du Hoc direkt aufzusuchen. Weitere interessante Geschützstellungen und Bunkeranlagen sind zum Beispiel:
- Die Batterie de Crisbecq nordwestlich von Utah Beach
- Die Batterie d’Azeville ebenfalls nordwestlich von Utah Beach
- Etwas unerschlossener und damit eigentlich noch interessanter: Die drei Bunker am Strand von Biville im Nordwesten der Halbinsel Cotentin – nicht umkämpft, sondern einfach im Sand liegen geblieben
Alle Bunkeranlagen, Geschützstellungen und Beton-Festungen waren Teil von Hitlers Atlantikwall. Der Atlantikwall sollte eine mehr als 2.000 Kilometer lange Verteidigungslinie sein. Zum Schutz vor der Alliierten Invasion. Mission accomplished, würde ich sagen. Das ist der Weg, den Nazis gehen.
Anfahrt und Orientierung
Der Weg zur Pointe du Hoc ist gut ausgeschildert und relativ leicht zu finden. So wie eigentlich alle wichtigen Schauplätze der Landung der Alliierten in der Normandie. Zwischen Bayeux und Carentan verlässt man die N13 in Richtung der Küste. An der Schnellstraße ist die Pointe du Hoc bereits angeschrieben. Nicht weit von Saint-Pierre-du-Mont befindet sich dann ein sehr großer Parkplatz, von dem aus man den Rest zu Fuß gehen kann.
Die Orientierung auf dem Gelände von Pointe du Hoc ist übersichtlich. Sinnvollerweise bewegt man sich gegen den Uhrzeigersinn vom Dokumentationszentrum aus über das Gebiet. An den einzelnen Bunkern befinden sich weitere kleinere Informationstafeln.